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Deutsche Bank muss wegen Verletzung von Beratungspflichten bei Abschluss eines Zinssatz-Swap-Vertrages Schadensersatz leisten

Der Sachverhalt:

Das Verfahren betrifft die Frage einer Schadensersatzpflicht der beklagten Deutschen Bank wegen der Verletzung von Pflichten bei der Beratung über den Abschluss eines von ihr konstruierten Zinssatz-Swap-Vertrages. In zwei Beratungsgesprächen Anfang 2005 empfahl die Beklagte, die davon ausging, dass sich die Differenz (Spread) zwischen dem Zwei-Jahres-Zinssatz und dem Zehn-Jahres-Zinssatz künftig voraussichtlich deutlich ausweiten wird, der Klägerin – einem mittelständischen Unternehmen – den Abschluss eines CMS Spread Ladder Swap-Vertrages, den die Parteien im Februar 2005 abschlossen.

Danach verpflichtete sich die Beklagte, an die Klägerin aus einem Bezugsbetrag von 2 Mio. € für die Laufzeit von fünf Jahren halbjährlich Zinszahlungen in Höhe eines festen Zinssatzes von 3 Prozent p.a. zu erbringen, wohingegen sich die Klägerin verpflichtete, zu denselben Zeitpunkten aus der Bezugssumme im ersten Jahr Zinsen i.H.v. 1,5 Prozent p.a. an die Beklagte zu zahlen und danach einen variablen Zinssatz, der mindestens bei 0,0 Prozent liegt und sich abhängig von der Entwicklung des „Spreads“ zwischen dem Zehn- und Zwei-Jahres-Swap-Mittelsatz berechnet. Die Höhe des „Strike“ lag anfänglich bei 1,0 Prozent und sank über die Vertragslaufzeit stufenweise bis auf 0,55 Prozent ab.

Nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte wurde die Saldierung der wechselseitigen Zinszahlungen vereinbart, so dass nur die Partei, die zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen den höheren Betrag schuldete, die Differenz zwischen den geschuldeten Beträgen zu zahlen hatte. Eine einseitige Vertragsbeendigung war ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes für beide Parteien erstmals nach dreijähriger Laufzeit und nur gegen Ausgleichszahlung in Höhe des aktuellen Marktwertes des Vertrages möglich.

In ihren Präsentationsunterlagen hatte die Beklagte die Klägerin hinsichtlich der „Risiken“ u.a. darauf hingewiesen, dass die Klägerin u.U. höhere Zinszahlungen zu leisten hat als sie empfängt. Das Verlustrisiko der Klägerin sei „theoretisch unbegrenzt“. Bei Vertragsschluss hatte der CMS Spread Ladder Swap-Vertrag einen von der Beklagten bewusst einstrukturierten negativen Marktwert i.H.v. ca. 4 Prozent der Bezugssumme (ca. 80.000 €), worauf die Beklagte die Klägerin nicht hinwies. Ab Herbst 2005 nahm die Zinsdifferenz – entgegen der Prognose der Beklagten – fortlaufend ab, so dass sich der Vertrag nach Ablauf des ersten Geschäftsjahres für die Klägerin als Verlustgeschäft erwies. Im Januar 2007 wurde das Swapgeschäft gegen Zahlung eines Ausgleichsbetrages durch die Klägerin in Höhe des aktuellen negativen Marktwertes von 566.850 € aufgelöst.

LG und OLG wiesen die – unter Anrechnung erhaltener Zinszahlungen – im Wesentlichen auf Rückzahlung von 541.074 € nebst Zinsen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Die Beklagte hat ihre Beratungspflichten verletzt und ist zur Rückzahlung verpflichtet.

Es war nicht abschließend zu klären, ob die Beklagte ihrer Pflicht zu einer anlegergerechten Beratung der Klägerin nachgekommen ist. Die Beklagte hätte die Risikobereitschaft der Klägerin zwar erfragen müssen, auch wenn an der Beratung auf Seiten der Klägerin deren Prokuristin – eine Diplom-Volkswirtin – teilgenommen hat. Einer Zurückverweisung an das OLG zur Klärung der noch offenen Risikobereitschaft der Klägerin bedurfte es aber nicht, weil aus anderen Gründen bereits feststand, dass die Beklagte ihre Beratungspflichten verletzt hat. Es konnte auch offen bleiben, ob die Beklagte den hohen Anforderungen an die Darstellung der Risiken eines CMS Spread Ladder Swap-Vertrages gerecht geworden ist, weil sie ihre Beratungspflicht bereits dadurch verletzt hat, dass sie nicht auf den zum Abschlusszeitpunkt für die Klägerin negativen Marktwert des Vertrages i.H.v. ca. 4 Prozent der Bezugssumme (ca. 80.000 €) hingewiesen hat.

Die Beklagte wäre im Rahmen der von ihr durchgeführten Anlageberatung zu einer dahingehenden Aufklärung verpflichtet gewesen, weil der von ihr bewusst strukturierte negative Marktwert Ausdruck eines schwerwiegenden Interessenkonfliktes ist. Bei der in Rede stehenden Zinswette ist der Gewinn der einen Seite der spiegelbildliche Verlust der anderen Seite. Für die Beklagte als Partnerin der Zinswette erweist sich der „Tausch“ (engl. swap) der Zinszahlungen nur dann als günstig, wenn ihre Prognose zur Entwicklung der Zinsdifferenz gerade nicht eintritt und die Klägerin Verlust erleidet. Als Beraterin ist die Beklagte hingegen verpflichtet, die Interessen der Klägerin zu wahren.

Diesen Interessenkonflikt hat die Beklagte nicht dadurch gelöst, dass sie ihre Rolle als „Wettgegnerin“ der Klägerin nicht für die vertraglich vereinbarte Laufzeit beibehalten hat, sondern ihre Risiken und Chancen des Geschäfts sofort durch „Hedge-Geschäfte“ an andere Marktteilnehmer weitergegeben hat. Die weitere Entwicklung des „Spreads“ über die Laufzeit des Vertrages konnte der Beklagten nur deshalb gleichgültig sein, weil sie durch diese Gegengeschäfte bereits ihre Kosten gedeckt und ihren Gewinn erzielt hat. Dies hat die Beklagte dadurch ermöglicht, dass sie die Konditionen des Swap-Vertrages bewusst so strukturiert hat, dass der Markt das Risiko, das die Klägerin übernimmt, i.H.v. ca. 4 Prozent der Bezugssumme negativ und die Chancen der Beklagten in dieser Höhe positiv bewertete, so dass sie sich diesen Vorteil durch die „Hedge-Geschäfte“ abkaufen lassen konnte.

Der Pflicht zur Aufklärung über den negativen Anfangswert des Vertrages steht nicht entgegen, dass eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, grundsätzlich nicht verpflichtet ist, darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt. Der insofern bestehende Interessenkonflikt ist offenkundig. Er ist jedoch dann aufklärungspflichtig, wenn – wie hier – über das reine Gewinnerzielungsinteresse hinaus besondere Umstände hinzutreten. Diese besonderen Umstände bestehen bei der Empfehlung eines CMS Spread Ladder Swap-Vertrages darin, dass die beratende Bank die Risikostruktur des Anlagegeschäfts bewusst zu Lasten des Anlegers gestaltet hat, um unmittelbar im Zusammenhang mit dem Abschluss des Vertrages das Risiko gewinnbringend verkaufen zu können, das der Kunde aufgrund ihrer Beratungsleistung übernommen hat.

[BGH 22.3.2011, XI ZR 33/10]

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